Working Together in der Kunst der nächsten Gesellschaft?, 2010 |
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Birte Kleine-Benne |
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Mit einem Autorenwechsel in Kapitel 3: Katrine Damkjaer, Birte Kleine-Benne, MacBook und MacBook Pro, Mac OS X 10.4.11 und Mac OS X 10.5.8, Firefox und Safari, pb.works.com, häufig genutzte Suchmaschine Google "Ich glaube, dass, während sich unsere Gesellschaft ändert, in eben dem Moment, in dem sie dabei ist, sich zu ändern, die Autorfunktion verschwinden wird, und zwar in solch einer Weise, dass Fiktion und ihre polysemen Texte wiederum nach einem anderen Modus funktionieren werden, aber immer noch innerhalb eines Systems von Einschränkungen - eines, das nicht länger der Autor ist, sondern eines, das noch festgelegt werden muss oder vielleicht erfahren." Michel Foucault, 1969. "It is enough to renounce one's own identity, with all the advantages that this entails. Dive into the wave of emotions of anger and joy that you feel flowing arond you, re-elaborate without leaving your imprint, your signature. Because those like you don't know what to do with a signed work: it is something finite, to which you yourself have decreed the end, and to which no one will be able to add anything new. The non-identity of the sharer goes hand in hand with incompleteness." Luther Blissett, 1996. "Rather than denouncing authorship as a concept of the past as some copyleft radicals do [...] cultural producers need to redevelop their various bonds with the social humus of their various arts. This means also to recapture the debate and bring it back to our home ground." Armin Medosch, 2008. 1. Paradigmenwechsel Die Geschichte der europäischen Kultur erlebe gerade eine ihrer größten Umwälzungen, diagnostiziert Maurizio Lazzarato 1999 und prognostiziert weiter: "vielleicht seit der Erfindung der Druckmaschine. Das Konzept 'Kultur' findet sich bis in seine Grundlagen hinein in Frage gestellt, in seinen Produktionsformen, seinen Sozialisierungen und deren Aneignungen." Das hätte vor allem mit der gegenwärtigen Integration der Kultur in den Prozess der ökonomischen Wertschöpfung zu tun, für die Lazzarato drei Katalysatoren und zwar seit Anfang der achtziger Jahre ausfindig macht: erstens die Globalisierung, zweitens die neuen ökonomischen Finanzierungsweisen und drittens dasjenige, "was man neue Technologien nennt". [2] Erstmalig in der Geschichte der Menschheit sei außerdem in Sicht, künstlerische, intellektuelle und ökonomische Arbeit, d.h. Schönheitswerte, Wahrheitswerte und Konsumwerte nach der gleichen Ethik regulieren zu können. Gleichzeitig macht Lazzarato auf innerbetriebliche Widerstände aufmerksam, für die ich angesichts meiner Forschungen dankbar bin: Dieser Wechsel wäre in "greifbarer Nähe", wenn nicht länger durch KünstlerInnen, Intellektuelle und PolitikerInnen der Sonder- und Ausnahmestatus von Kunst und Kultur verteidigt würde, der sich in der Tradition europäischer Kulturgeschichte vehement auf die Autonomie und Unabhängigkeit der Kunst von Politik und Ökonomie beruft. Lazzarato macht uns mit dieser Einschätzung zu Zeitzeugen eines Kulturwechsels in Folge techno-ökonomischer Prozesse, der bei vielen seiner Kollegen je nach Fachperspektive in paradigmatischer Ausrichtung unterschiedlich, in zeitlichen Zäsur ähnlich ausfällt: Die Dämmerung des fünfeinhalb Jahrhunderte währenden Gutenberg-Zeitalters sei weit fortgeschritten, einen Grund zur Trauer gebe es nicht. [3] Auf dem Entwicklungsweg der Reproduktionswerkzeuge vom Mechanischen zum Elektrischen zum Elektronischen zum Digitalen hätte angesichts der schwindenden Kontrolle über die Distribution, so Armin Medosch in seinen techno-kulturellen Untersuchungen, die Moral der Kulturindustrie zu vermodern begonnen. Deren Modell basiere auf dem individuellen Objekt als verkaufbare Einheit und sei zum Untergang verurteilt. Zwar reagiere die Industrie mit restriktiven Maßnahmen (wie Digital Rights Management), um dies zu verhindern, wir wären jedoch gegenwärtig mit der Situation konfrontiert, in der das alte Modell nicht mehr funktioniere und ein neues noch nicht in Sicht sei. [4] Dirk Baecker wirft einen umfänglich kulturtheoretischen Blick: "Wir haben es mit nichts Geringerem zu tun als mit der Vermutung, dass die Einführung des Computers für die Gesellschaft ebenso dramatische Folgen hat wie zuvor nur die Einführung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks" mutmaßt er 2007 und führt in seinen 'Studien zur nächsten Gesellschaft' detailliert zum gegenwärtigen mediengenealogischen Paradigmenwechsel aus. Dieser sei, so der einstimmige Stand der Forschung, vergleichbar mit der Gutenbergschen Erfindung der Druckmaschine vor gut fünfeinhalb Jahrhunderten, die den Wechsel in die Gutenberg-Galaxis (McLuhan im Anschluss an Innis) / das Zeitalter des Buchdrucks (Rifkin) / die moderne Gesellschaft (Baecker), um nur drei der vielen und inhaltlich weitestgehend übereinstimmenden Angebote zu nennen, einleitete. Baecker geht von einem alles dominierenden, einzelnen Leitmedium aus, das die Gesellschaft mit neuen und vor allem überschüssigen Möglichkeiten der Kommunikation ausstattet und konfrontiert, auf die die Kultur zwingend mit ihrer Umstellung zu reagieren habe. Andernfalls würde das "neue Medium" nur auf eine periphere Verwendungsform beschränkt bleiben. [5] Über die Vermutung nun, ob wir uns mit dem Aufkommen der elektronischen Medien (McLuhan) oder des Fernsehens (Castells) oder der Einführung des Computers und seiner Derivate in der gegenwärtigen Übergangsphase in die nächste Gesellschaft (Drucker) / die Turing-Galaxy (Coy) / die telematische Gesellschaft (Flusser) oder schlicht in die Computergesellschaft befinden, lässt sich angesichts unablässiger Herausforderung durch Komplexität und Diversität diskutieren, evtl. sogar - so ein Vorschlag - in einer bereits für die nächste Kultur spezifischen Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen auflösen, soll jedoch nicht Thema vorliegender Untersuchung sein. Erwähnt sein soll, dass diese Mediengenealogie sich wesentlich etwa von Flussers mediengeschichtlichem Panorama eines fünfstufigen Phasenmodells mit abnehmender Dimensionalität [6] sowie dessen These unterscheidet, dass der Umbruch mit der Entstehung der sog. technischen Bilder, beginnend mit der Fotografie, gesetzt werden müsse. Und erwähnt sein soll, dass die These der Mediengenealogie in vier Etappen lediglich eines der existierenden Medienkonzepte berücksichtigt: Neben den Medien (1) als Medium/Form-Unterscheidung, basierend auf Fritz Heiders Ding-/Medium-Unterscheidung gekoppelt mit dem operativen Formbegriff George Spencer Browns und (2) als Erfolgsmedien, die die Annahme von Kommunikation in der Gesellschaft (wie etwa Macht, Liebe, Geld) wahrscheinlich machen sollen und an Talcott Parsons und Niklas Luhmann anknüpfen oder auch (3) der vierfachen Auffächerung von Medium als Mitte, Mittel, Vermittlung und Vermitteltes, das die Bedeutungsvarianten des lateinischen 'medium' aufnimmt und von Medientheoretikern wie Reinhard Margreiter und Stefan Weber vertreten wird, stellt die These konkreter historischer Medienumbrüche und zwar in Viererabfolge eine Nähe zu dem Konzept der Verbreitungsmedien her, das lediglich die Distribution herausstellt: Die Rede ist von einer Stammesgesellschaft, die sich mit Einführung der Sprache konstituierte, von einer antiken Hochkultur mit Einführung der Schrift, von einer modernen Gesellschaft mit Einführung des Buchdrucks und nun von einer nächsten Gesellschaft (Drucker) mit Einführung des Computers. Denjenigen, die annehmen, dass die Bezeichnung der sog. nächsten Gesellschaft belegen würde, dass wir uns momentan in einem Übergang in eine künftige, noch namenlose Kulturform befänden, sei erwidert, dass womöglich, darauf weist Baecker hin, exakt die "Orientierungsfigur auf das Nächste" das spezifische Kennzeichen der nächsten Gesellschaft sein könnte: "einen jeweils nächsten Schritt zu finden und von dort aus einen flüchtigen Blick zu wagen auf die Verhältnisse, die man dort vorfindet" [7]. Nicht mehr die Gleichgewichtsfigur der Moderne, die sich in der funktional ausdifferenzierten, autopoietischen, durch einen binären Code operativ geschlossenen und selbstreferentiellen Gesellschaft im Sinne Luhmanns manifestierte und damit die System-Nomenklatur festlegte, bestimme die nächste Gesellschaft, sondern die Orientierungsfigur des Nächsten. Diese neue Temporalordnung wäre demnach bereits Merkmal und Indiz für eine verändert organisierte Gesellschaft inklusive differenter Kulturform, denn unter den veränderten Bedingungen wird sich Kultur, d.h. die Formen der Verarbeitung von Sinn, die Institutionen, Theorien, Ideologien und Probleme [8], die Infrastrukturen, Auswahl, Speicherung und Gedächtnis [9], kurz "die Software, die alle gesellschaftlichen Prozesse steuert" [10], von den bisherigen unterscheiden. Hiermit knüpfe ich an die kontextuell ausgerichteten Kulturüberlegungen Siegfried J. Schmidts an, Kultur "nicht über Objekte, Zustände oder Ereignisse, sondern - sozusagen als die Software, die alle gesellschaftlichen Prozesse steuert [...]" [11] zu bestimmen. Auch Schmidt spricht sich für die Logik eines kulturellen Evolutionsprozesses aus, bei dessen konzeptionellen Fluchtpunkt es sich um die Kommunikation handelt: Auf deren Grundlage hätte sich die Sprache als "Mutter aller Medien" sowie als "erste soziale Institution" entwickelt; mit der Schrift sei eine weitere Steigerung von Kommunikationsleistung erreicht; mit der Einführung des Buchdrucks sei ein Prozess zur Schärfe gelangt, dessen Diskurs mit Kriterien wie Objektivität, Exaktheit und Rationalität operiert, der Kommunikation einerseits durch Medientechniken exponentiell erweitert, aber auch vom menschlichen Körper ablöst und das Wort endgültig vergegenständlicht. [12] Die Konzeption, zwischen der Logik eines (vorherrschenden) Mediums und einer (politischen, sozialen, kognitiven, ästhetischen) Form Interrelationen anzunehmen, ruft zwingend die Medienuntersuchungen Marshall McLuhans auf den Plan: "Wenn eine neue Technologie einen oder mehrere unserer Sinne in die soziale Welt ausdehnt, werden sich neue Verhältnisse zwischen allen unserer Sinne ergeben. Dies ist vergleichbar mit dem Hinzufügen einer neuen Note zu einer Melodie. Wenn sich die Verhältnisse der Sinne in irgendeiner Kultur ändern, wird das, was vorher klar war, trüb werden, und was unklar oder trüb war, wird durchsichtig werden." [13] Schon in den frühen sechziger Jahren nahm McLuhan, den sog. Medial Turn vorbereitend, eine Perspektivumstellung vor, nach der Artefakte "umwelten" würden (to environ), d.h. dass es sich bei der Umwelt um ein nicht-wahrgenommenes Bedingungsgefüge in Form gesellschaftlicher und kultureller Dispositive für jegliche Formen handele. Exakt das besagt McLuhans viel zitiertes Diktum "The medium is the message" von 1964 [14], nach dem bis dato Medien statt als konstitutiver Faktor lediglich als bloß technischer, zudem neutraler Transportkanal von Botschaften gedacht wurden. Schon der Kubismus, so McLuhan, verkündete klar und deutlich, dass das Medium die Botschaft sei, indem er die perspektivische Illusion der dritten Dimension auf der Leinwand in die zweite überführte und damit "wirklich Gemälde" schuf statt Illusionen. [15] Später dann stößt die Systemtheorie mit ihrer konstituierenden System-Umwelt-Differenz "auf all das, was für diese Systeme Umwelt ist und von ihnen ausgeschlossen, aber gleichwohl vorausgesetzt werden muss, damit sie sein wollen können, was sie sind" [16] und tritt heute die Medientheorie geschlossen mit der These auf, dass Medien primär "die privilegierten Orte der Konstruktion kognitiv-sozialer Wirklichkeit(en) darstellen" [17]. Wie auch andere seiner Kollegen behauptet McLuhan, dass 'right now' ein elektrisches Upgrading der Industriekultur und ihrer Basistechnologien stattfände, und zwar durch die zunehmende Verbreitung und Bedeutung nicht schriftbasierter und nicht mechanischer Medien, mit der Folge einer neuen gesellschaftlich-kulturellen, anthropologischen und epistemologischen Situation. Da die Logik des jeweils vorherrschenden Mediums als Infrastruktur unserer Sinnproduktionen wirksam sei, Medien demnach - ich wiederhole - präkonfigurierenden Einfluss auf politische, soziale, kognitive und ästhetische Strukturen nehmen, sei der Computer momentan der von uns heute sogenannte Deep Impact, der dem medienhistorischen Umbruch zum Zeitalter der Elektrizität seit dem Aufkommen der Telegrafie den erforderlichen Schub versetzen würde. Die streng lineare, uniforme, visuelle, kontinuierliche, zentralisierte und seriell verfasste Rationalität der sog. Gutenberg-Galaxy (1962) und deren dominierenden Kulturtechniken (Alphabet, Schrift, Buchdruck, mechanische Reproduktion, Perspektivendarstellung) würden in einer epochalen Ablösungsbewegung des alphabetisierten Menschen re-formiert. Neue Umwelten ließen den Übergang in ein diskontinuierliches, dezentrales, instantanes, multiperspektivisches, koexistent wirksames Zeitalter der Elektrizität starten. An die Stelle linearer und mechanischer Episteme trete das Bewusstwerden komplexer interaktiver Prozesse, in denen auch Medientechniken des mechanischen Zeitalters (wenngleich unter veränderten Vorzeichen) fortbestehen würden. "Es ist wie ein Unterschied zwischen einem Eisenbahnnetz und einem elektrischen Gitternetz: Das eine macht Kopfbahnhöfe und große Städtezentren erforderlich. Die elektrische Energie, die dem Bauernhof wie den Verwaltungsbüros in gleicher Weise zur Verfügung steht, macht es möglich, dass jeder Ort zum Zentrum wird, und verlangt keine massiven Anhäufungen."[18] Jeremy Rifkin koppelt in seinen Untersuchungen die medialen Veränderungen mit ökonomischen Prozessen, die wiederum zu politischen Niederschlägen führten. In seiner Studie zum Verschwinden des Eigentums und dem zeitgleichen Erscheinen des Wirtschaftswertes Access (Zugang) von 2000 diagnostiziert er einen medial-ökonomischen Paradigmenwechsel in der Form des sog. kulturellen Kapitalismus', der die höchst entwickelte Stufe des kapitalistischen Modells darstelle. Hier würde - die Bezeichnung kündigt es an - die kulturelle Produktion zum Leitsektor der ökonomischen Wertkette aufsteigen und Zeit, Kultur und "gelebte Erfahrung" etwa in Form der Reise- und Tourismusindustrie, der Kultur der Malls und Einkaufszentren oder der Unterhaltungsindustrie die letzte Stufe der Verdinglichung von Waren darstellen. [19] Vor diesem Hintergrund führt Rifkin ausführlich zu Subjektformen und Subjektivierungsprozessen aus, die nun anders organisiert seien ("The medium is the message"!): Der Buchdruck hätte als mentaler Rahmen der Gesellschaft die Vorstellung von privaten Eigentums- und Tauschbeziehungen formiert. Mittels Tabellen, Listen, Fußnoten, Karten, Fahrplänen, Buchhaltung, Lieferscheinen, Schecks, Schuldscheinen und Verträgen hätte eine rationale, kalkulierende und analytische Annäherung an die Welt stattgefunden, die ein lineares, sequentielles und kausales Denken befördert hätte. [20] Heute würde der Computer die Kommunikation organisieren, die allerdings kybernetisch und nicht mehr linear ausfällt, die Vorstellungen von regelmäßigen Folgen und strenger Kausalität würde von einem "Gesamtfeld ständiger integrierter Aktivitäten" [21] abgelöst - ein ideales Werkzeug, um eine Wirtschaft zu managen, die um Zugang und Vermarktung kultureller Ressourcen herum aufgebaut sei. Das lineare, gebundene, gegenständliche, feste, autonome Buch, ausgestattet mit einem festen Anfangs- und Endpunkt (das Buch, das Sprache zur einer tragbaren Ware verändert, so McLuhan 38 Jahre zuvor) würde nun transformiert zu einem unbegrenzten Feld von Informationen mit neuen Sub- und Metatexten, potentiell grenzenlos, relational statt autonom, mit Autorenschaften statt mit einem einzigen, ausgewiesenen Autor: Der Hypertext als Prozess würde die begrenzten Bezüge der Druckwerke ersetzen. Es drängt sich an dieser Stelle eine theoretische Referenz und für meine Folgeausführungen insbesondere zur Multitude ein kurzer Rekurs auf: 1976 entwickelten Deleuze/Guattari botanische Analogien für Denkkonzepte, und zwar die des Baumes, der Wurzel und des Rhizoms und klassifizierten konkrete, den jeweiligen Epochen zuordbare Buchtypen, das Baum-, das Wurzel- und das Rhizombuch: Buchtyp 1 sei kompatibel mit dem ältesten klassischen Denken, das nach dem Gesetz der Reflexion und der binären Logik verfahren würde; Buchtyp 2, das System der kleinen Wurzeln, kooperiere mit der Moderne und breche an den einen oder anderen Stellen die lineare Einheit auf; Buchtyp 3 wäre das des Rhizoms. Damit war das Leitparadigma des Rhizoms geboren. Hiermit versuchten Deleuze/Guattari das, wie sie formulierten, traurige Bild des Abendlandes in eine Logik aufzulösen, die nur aus Linien bestehe, aus Segmentierungs-, und Schichtungslinien, aus Flucht- und Deterritorialisierungslinien und zusammen mit ihren jeweiligen Fließgeschwindigkeiten wie Verzögerungen, Überstürzungen, Zähigkeiten und Abbrüchen eine "maschinelle Verkettung" bilde. Baum- und Wurzelsysteme würden nach der Logik der binären Dichotomien verfahren, seien hierarchisch, zentriert und gebündelt systematisiert und operierten mit Signifikanz, Subjektivierung und einhergehenden Totalisierungen. In zentrierten wie auch polyzentrischen Systemen herrschten hierarchische Kommunikationen und von vornherein festgelegte Verbindungen vor. [22] Das Rhizom wird als ein nicht zentriertes, nicht hierarchisches und nicht signifikantes System daneben gesetzt, "Netzwerke endlicher Automaten, in denen die Kommunikation zwischen beliebigen Nachbarn verläuft, und Stengel und Kanäle nicht schon von vornherein existieren; wo alle Individuen miteinander vertauschbar sind und nur durch einen momentanen Zustand definiert sind, so dass lokale Operationen sich koordinieren und sich das allgemeine Endergebnis unabhängig von einer zentralen Instanz synchronisiert" [23]. Hieraus entwickeln Deleuze/Guattari ihre sechs Kennzeichen des Rhizoms: das Prinzip der Konnexion, der Heterogenität, der Vielheit, des asignifikanten Bruchs, der Kartographie und der Dekalkomonie. In Abgrenzung zu den bisherigen Modellen signifikanter Totalität wie etwa der Subjektivierung als General würden in nicht zentrierten Systemen maschinellen Verkettungen stattfinden ("semiotische Kettenglieder aller Art sind dort nach den verschiedensten Codierungsarten mit politischen, ökonomischen und biologischen Kettengliedern verknüpft" [24]) und damit "wahre Vielheit" entstehen: "Es ist nicht das Eine, das zwei wird, auch nicht das Eine, das direkt drei, vier, fünf etc. wird. Es ist weder das Viele, das vom Einen abgeleitet wird, noch jenes Viele, zu dem das Eine hinzugefügt wird (n+1). Es besteht nicht aus Einheiten, sondern aus Dimensionen. Ohne Subjekt und Objekt bildet es lineare Vielheiten mit n Dimensionen [...], und von denen das Eine immer abgezogen wird. Eine Vielheit variiert ihre Dimensionen nicht, ohne sich selbst zu verändern und zu verwandeln." [25] Statt hierarchischer, zentrierter und gebündelter Ordnungen der Epoche der Baumkultur, so die Botschaft Deleuze/Guattaris, seien heterogene, modifizierbare, temporäre, wiedereinsetzende, flache, offene, nichtzentrierte Systeme der Ausweg: "Wir sind des Baumes müde. Wir dürfen nicht mehr an Bäume glauben, an große und kleine Wurzeln, wir haben genug darunter gelitten." [26] Es ist anzunehmen, dass sich Antonio Negri und Michael Hardt nicht nur für ihre interdisziplinäre Kooperation von Deleuze/Guattaris Gemeinschaftsformat und Gemeinschaftsarbeit 'Tausend Plateaus' sowie deren queren Lesetechnik und der verwendeten Terminologien wie Deterritorialisierung, Hybridität und Selbstorganisation inspirieren ließen [27], sondern auch für die Konzeption ihrer Multitude. Hierbei handelt es sich - ich versuche eine Zusammenfassung - um heterogene, wandelbare, temporäre, potenzielle, bewegliche, in die Breite statt in die Tiefe gehende, kein Außerhalb kennende, aus Lebens-Produktivitäten erwachsene, nicht identische "Singularitäten, die gemeinsam handeln" [28]. Eben eine unreduzierbare Vielheit, wie Deleuze/Guattari knapp 30 Jahre zuvor mit ihrem 'Rhizom' vorbereiteten. Jedes Zeitalter habe seine paradigmatische Form, Multitude und Empire als die jetzigen im Übergang vom Imperialismus zum Empire seien mittels konkreter Hinweise auf einen epochalen Wandel, einen wirtschaftlich-politischen Paradigmenwechsel, einen Einschnitt in die Geschichte der kapitalistischen Gesellschaft zu identifizieren: Die geopolitische Ordnung sei nicht mehr nationalstaatlich, nicht mehr territorial geprägt, sondern dezentriert und deterritorialisierend bestimmt durch (1) einzelne, privilegierte Nationen (die USA, die G7-Staaten, die Clubs von Paris, London oder Davos), (2) transnationale kapitalistische Konzerne (Netzwerk-Mächte aus Kapitalströmen, Technologieströmen oder Migrationsströmen, die den sog. Weltmarkt bilden, organisieren und homogenisieren) und (3) internationale Organisationen aller Art als Repräsentanten des Volkes (Nichtregierungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen, Friedensgruppen, medizinische oder Hungerhilfsorganisationen). [29] In einer neuen, globalen, hybriden, flexiblen Form der Souveränität verbinde das Empire eine Reihe nationaler und supranationaler Organismen und eint sie zu einer gemeinsamen Herrschaftslogik: Governance without Government (Hardt/Negri im Rückgriff auf Rosenau/Czempiel). Das neue Paradigma sei vollumfassend durchsetzt von der sog. Biomacht, wie sie Foucault folgenreich als Macht über das Leben untersucht hat: Funktion dieser Macht sei, Leben einzusetzen und zu durchdringen, ihre Aufgabe sei, Leben zu verwalten. Über nicht-quantifizierbare Produkte wie Wissen oder kulturelle Produktionen würde das Leben omniversal in-wert-gesetzt. Das Empire nun stelle die paradigmatische Form von Biomacht dar, es sei das Ergebnis, zu dem die Biomacht führe. Ein letzter Punkt sei angesichts der sog. Ereignisse am Hindukusch erwähnt: Mittels Ausnahmezustand und Polizeimaßnahmen in Permanenz würde das neue imperiale Recht aufrecht erhalten bzw. in Kraft gehalten bzw. die moralische, normative und institutionelle Ordnung des Empire herausgebildet. Militäreinsätze würden als international gebilligte Polizeieinsätze dargestellt, ihnen voran gingen moralische Interventionen als Vorbereitung, in denen Feinde einheitlich als Terroristen bezeichnet würden. Obwohl Empire ein fortwährendes Blutbad sei, so Hardt/Negri, würde es sich als Inbegriff des Friedens präsentieren. [30] 2. Subjektivierungswechsel Selbstorganisierte Sozialeinheiten wie Multituden (Hardt/Negri), Cliquen, Büros und Werkstätten (Baecker), kollektive Intelligenzen [31] (Lévy) oder virtuelle Gemeinschaften [32] (Rheingold) scheinen heute das Bild des handelnden Subjekts zu prägen. Auf das autonome, rationale (weiße, bürgerliche, männliche) Subjekt der vergangenen Jahrhunderte, dessen Auflösung die (post-) strukturalistische und dekonstruktivistische Dezentrierung des Subjekts in Angriff nahm, folgen wohl kollektive, kooperative, konnektive, eben Gemeinschaftsformen? [33] Das Gemeinsame deutet sich auch in der Denk- und Schreibgemeinschaft Hardt/Negri als formal und thematisch roter Faden an: "Produzieren bedeutet zunehmend, Kooperation, Kommunikation und Gemeinsamkeiten herzustellen" [34] schreiben sie in 'Empire' (2000), in 'Multitude' (2004) spitzen sie diesen Gedanken auf die Form der "gemeinsam handelnden Singularitäten" zu, die Vielen, vielgestaltig und einzigartig, die Gemeinsamkeiten entwickeln, indem sie miteinander in Beziehung treten, sich global vernetzen, gemeinsam handeln und Wissen produzieren. In, durch, mit den aktuellen, globalen Informationsstrukturen subjektiviert sich nach Hardt/Negri die sog. Multitude, dabei ist, so stelle ich fest, in dieser Anordnung das Prinzip der Aktivität nicht Option oder Folge, sondern notwendige Bedingung: Nur durch Aktivität wird deren Existenz konstituiert, medialisiert, aber auch verzehrt. Sechs Jahre später empfehlen Hardt/Negri mit 'Commonwealth' (2010), die 'Republik des Eigentums' und mit ihr die korrumpierten Formen des Gemeinsamen wie die Nation, das Unternehmen und die Familie abzuschaffen und stattdessen gemeinschaftlich eine Welt des Commonwealth mit Genossenschaften, in der Verfassung verankerter Sozialversicherung, offenen Staatsbürgerschaften, Mindesteinkommen und direkter Demokratie aufzubauen, in der wir alle am Gemeinsamen teilhaben würden. (Der Schwerpunkt Teilhabe in der nächsten Gesellschaft wird von mir an anderer Stelle untersucht.) Nach ihrem Verständnis umfasst das Gemeinsame neben den Reichtümern der materiellen Welt insbesondere auch die Ergebnisse gesellschaftlicher Produktion, die sowohl für die soziale Interaktion als auch für die Re-/Produktion erforderlich seien und meinen damit: Wissensformen, Sprachen, Codes, Informationen, Affekte, Ideen, Bilder u. s. w. Hardt/Negri fordern in der Folge den freien und offenen Zugang zum Gemeinsamen sowie die gemeinschaftliche Produktion des Gemeinsamen. Auch Rifkin schlägt in seiner jüngsten (wie auch Hardt/Negris durchweg verrissenen) Publikation 'Die empathische Zivilisation' (2010) Töne des Gemeinsamen an, wenn er mit seiner grundlegenden These behauptet, dass unsere Empathie, also das Verständnis und Mitgefühl für den anderen, im Laufe der Menschheitsgeschichte in Folge der Kommunikations(r)evolution und der einhergehenden Rückkopplungseffekte gestiegen sei (unsere Familie sei die weltweit miteinander vernetzte Menschheit), wir einem globalen empathischen Bewusstsein nahe seien, da die Kooperation über die Konkurrenz siege. Just aber dieses Gefühl hätte, so Rifkins apokalyptische Prognose für die nahe Zukunft, seinen Preis, denn der hierdurch entstandene Energiehunger führe zu einem erhöhten Energieverbrauch und die Menschheit würde damit zielgenau und absehbar auf ihre Selbstvernichtung zusteuern. Rifkin nennt diese Entwicklung das "Empathie-Entropie-Paradox" der globalen Zivilisation im 21. Jahrhundert, das allerdings mit der noch immer praktizierten Subjektivierung eines autonomen und materialisiert aufgestellten Menschen früherer Jahrhunderte nicht zu lösen sei. Paulo Virno nutzt für seine philosophische Analyse der radikalen Krise der Moderne (2000) die politische Kategorie der Multitude als die heute vorherrschende Seinsweise der Vielen (die als Begriff gegenüber dem des Volkes in der Historie das Nachsehen hatte), um aktuelle gesellschaftliche, postfordistische Verhaltensweisen wie Lebens-, Organisations- oder Konfliktformen und Stimmungslagen (Opportunismus und Zynismus) erklären zu können. Multitude heißt für ihn: "die Pluralität, die Vielheit - wörtlich: Viele-Sein [...]. Nun, die Multitude besteht aus einem Netzwerk von Individuen; die Vielen sind Singularitäten." [35] Das Individuum der Multitude - übrigens existieren trotz Titelähnlichkeit zwischen Hardt/Negri und Virno keine expliziten Bezüge - sei das Ergebnis eines Individuationsprozesses, der immer unvollständig und unabgeschlossen bleiben und sich als ein Geflecht vorindividueller und individuierter Momente ausweisen würde. Die kollektive Erfahrung der Multitude würde den Individuationsprozess nicht schwächen oder gar homogenisieren, sondern ganz im Gegenteil die eigene Einzigartigkeit herausarbeiten können (Virno nach Simondon). Die ambivalente, hybride Stellung der Multitude zwischen dem Individuum und dem Kollektiv, zwischen der Öffentlichkeit und dem Privaten, zwischen dem Einen und dem Gemeinsamen (die im Übrigen konzeptionell den Gedanken der Differenz statt der Einheit zu berücksichtigen in der Lage ist) erkläre beispielsweise das Gefühl, "nicht zu hause zu sein" und mit Gemeinplätzen vertraut zu sein. Die Auflösung der Grenzen zwischen Denken, Handeln und Arbeiten bzw. die Fusion dieser drei Sphären führe zu einer nur scheinbar entpolitisierten Multitude, deren politisches Handeln in die Lohnarbeit (insbesondere die der Kulturindustrie) Einzug gehalten hätte, die wiederum vom Intellekt gestützt würde. Die Kulturindustrie würde übrigens - dies als textinterner Verweis zu Lazzarato und Rifkin - als Paradigma für die postfordistische Produktionsweise gelten, das Spektakel (von Debord 1967 als die zur Ware gewordene gesellschaftliche Kommunikation definiert) sei sowohl deren spezifisches Produkt als auch deren Produktionsweise in ihrer Gesamtheit. Die Kulturindustrie würde zur Produktionsmittelfirma, die die anderen Sektoren der Ökonomie mit neu kreierten und hier erprobten Techniken und Verfahren, den sog. Produktionsmitteln, ausstatte. Die Multitude sei eine produktive Hybridmenge, die das Empire, die kapital(istisch) ausgerichtete Weltgesellschaft ohne Schranken, hervorzubringen, zu tragen, aber auch als einzige (etwa durch Nomadismus, Desertion und Exodus) aufzuheben in der Lage sei [36]. Wesentlich für diese Überlegung Hardt/Negris ist die Fortsetzung postmoderner und poststrukturalistischer Auseinandersetzungen mit der binären Logik und der dialektischen Form von Herrschaftssystemen etwa von Lyotard, Derrida oder Bhabha zugunsten der Vielfalt von Differenzen: "es ist sinnlos, auf die Begriffe der Metaphysik zu verzichten, wenn man die Metaphysik erschüttern will. Wir verfügen über keine Sprache - über keine Syntax und Lexik -, die nicht an dieser Geschichte beteiligt wäre. Wir können keinen einzigen destruktiven Satz bilden, der nicht schon der Form, der Logik, den impliziten Erfordernissen dessen sich gefügt hätte, was er gerade in Frage stellen wollte." [37] Voraussetzung hierfür ist die dekonstruktivistische Absage an die Vorstellung eines Innen und eines Außen, die von TheoretikerInnen wie Judith Butler als autoritäre List radikalisiert wird, da sie sich einer Überprüfung verweigern können soll. Für Butler stellt der Rückgriff auf eine Position, die unbeeinflusst von Machtverhältnissen und Diskursen existieren soll, die tückischste List und Wirkungsweise der Macht dar. "Es gibt kein Außen mehr" [38], konstatieren Hardt/Negri und schicken ihre Multitude für den Prozess des Widerstands "durch das Empire hindurch, um auf die andere Seite zu gelangen" [39]. Denn die Widerstände der Multitude sind nicht länger marginal, sondern inmitten der Gesellschaft aktiv. Aktuelle Formen des Widerstands (Hardt/Negri schlagen Desertion statt Sabotage vor, Virno ziviler Ungehorsam und Exodus=Weggehen) werden von mir an anderer Stelle separat und weiterführend zur Fragestellung untersucht, wie Widerständigkeiten ohne ein Außen aussehen können. An die Stelle der modernen Dialektik mit ihrer Unterscheidung von Innen und Außen ist in der Folge dekonstruktivistischer Aktivitäten nach und nach ein Spiel von Hybriditäten, Intensitäten und Gradualitäten getreten und so ist auch die Multitude ein fortwährender, kontinuierlicher, fließender Generierungsprozess in gesellschaftlichen Konstellationen, die (entsprechend Deleuzes Konzept der Kontrollgesellschaft) auch nicht mehr spezifischen Orten zuordbar sind, sondern in ihrer Unbegrenztheit unbestimmte Subjektformen produzieren: "The multitude is composed of a set of singularities - and by singularity here we mean a social subject whose difference cannot be reduced to seameness, a difference that remains different." [40] Währenddessen Hardt/Negri in Deleuze/Guattaris Manier von nicht hierarchischen, nicht zentralisierten, nomadischen, deterritorialisierten Hybriden sprechen und Virno die ambivalente, hybride Zwischenstellung der gleichzeitig politisch-handelnden/denkenden/arbeitenden Multitude als ein amphibisches Subjekt, zwischen den Räumen, den Sphären, den Funktionen und den Befindlichkeiten und auf der Dauerflucht dazwischen herausarbeitet, alle drei (bzw. 2 + 1) Autoren die Foucaultsche Diskursverknotung der Biomacht verwenden, arbeitet Rifkin pragmatisch-empirisch und entwirft (2000 noch positivistisch ausgerichtet) einen "neuen menschlichen Archetypen", eingebettet in Hypertexten, Webseiten-Verbindungen und Feedback-Schleifen. Die Realitätswahrnehmung wäre daher eine systemische statt einer linearen und objektiven, die "proteischen" Menschen (Rifkin nach Lifton) hätten Interesse an Erfahrungen statt an Dingen, wären fähig, simultan in parallelen Welten zu agieren und die Persönlichkeit zu wechseln, würden in kürzeren Zeitspannen leben, seien mobiler, verhalten sich experimentierend und innovationsgierig. [41] Statt von dem modernen, vormals autonomen und unabhängigen Selbst, zu dessen Vorstellung der Buchdruck beigetragen hätte, könne nun, da der Computer zur Ausprägung eines relationalen Bewusstseins beitrage, die Rede sein von fließenden und transitorischen Persönlichkeiten inmitten von Hypertexten, Knoten, Verbindungen und Netzwerken, das (sich), ich setze Rifkins Beobachtung durch meine Forschungsergebnisse fort, in Rückkopplungs- und/oder Netzwerkkausalitäten zu stetig neuen Ereignissen und Formen transformiert. Hiermit deutet sich eine notwendige Ergänzung von Analytik und Theorie der Systeme durch eine Topologie und Theorie offener Netzwerke an, die der System-Nomenklatur eines autopoietischen, durch einen binären Code operativ geschlossenen und selbstreferentiellen Sozialsystems im Sinne Luhmanns nur schwer annäherbar ist und nicht in den Kanon der Funktionssysteme einzureihen ist. Stefan Weber stellt dem Operationsmodus der Autopoiesis den der Cyberpoiesis als netzkulturelle Kondition entgegen, die meint, dass Informationen, Wissen und Identitäten zunehmend über Netzmedien hergestellt werden und hierin die Möglichkeit zur Konstruktion von Wirklichkeit jenseits klassischer Selektions- und Konstruktionsregeln der Massenmedien liegen. [42] Das Netz - ob als ein Medium, eine Form, ein System, eine Umwelt, ein Feld im Sinne Bourdieus, ein Diskurs und/oder Dispositiv im Sinne Foucaults, ein rhizomatisches Geflecht im Sinne von Deleuze/Guattari, eine kollektive Intelligenz nach Pierre Lévy - zeigt sich empirisch offen, dynamisch, grenzüberschreitend, expandierbar, oszillierend, nonlinear, transitorisch und heterarchisch organisiert. Es wird durch den Unterschied zwischen Nutzern (User) und Nichtnutzern des Netzes gebildet, um kommunikative Interaktionen zwischen den verkoppelten Einzelkomponenten herzustellen. Weber schlägt vor, das Netz/Internet/World Wide Web als ein Subsystem im System der Massenmedien zu verorten [44] und die Leitunterscheidung System/Umwelt durch Fäden (Threads), Knoten (Nodes), Netze (Nets) und Netzwerke (Networks/Meshworks) zu ersetzen; als basale Elemente treten nicht wie in der Systemtheorie Ereignis-Elemente von Systemen, sondern Relationen auf: "Ein Faden wäre zunächst so etwas wie ein Letztelement, ein basaler Bestandteil. Mehrere Fäden können, wenn sie verknüpft werden, einen Knoten bilden. Mehrere Knoten und Fäden bilden ein Netz, mehrere verbundene Netze ein Netzwerk. [...] Im Gegensatz zur relativ statischen Autopoiesis-Theorie, die nur ein Ja oder Nein der Autopoiesis, aber keine graduellen Abstufungen kennt, ist Netzwerktheorie klarerweise empirisch-graduell angelegt: Netze haben immer eine messbare Vernetzungsdichte, einen 'Vernetztheits-' oder 'Konnektivitäts-Koeffizienten', wenn man so will. Wir sprechen also immer von +- Ver-/Entnetzung." [44] Ich greife Webers Begriffsangebot auf und spreche im Folgenden nicht von Multituden (Hardt/Negri, Virno), neuen menschlichen Archetypen (Rifkin) oder proteischen Menschen (Lifton), sondern auf der Grundlage eines kunstwissenschaftlich fokussierten Formblicks von Konnektiven bzw. konnektiven Anordnungen, die sich beispielsweise in dem techno-kulturellen Begriff des Netzwerks oder in dem politischen Begriff der Multitude äußern können. Hierbei handelt es sich um heterogene, temporäre, dynamische, trajektiv ausgerichtete Verknüpfungen menschlicher und technischer Akteure (denn wir können heute nicht mehr nur von der Beteiligung menschlicher Akteure an Subjektivierungspraktiken ausgehen), die von netzwerkbasierten, heterarchisch verteilten Dispositiven bestimmt sind und deren Verschaltungen und Rückkopplungen permanent neue und von den Beteiligten nur teilweise intendierte oder zu beeinflussende Ereignisse produzieren. Konnektive Aggregationen werden mittels, in und über instantane, polychrone und translokale Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien entworfen und hergestellt. Mediale Prozesse, Informationen, Mitteilungen, soziale Beziehungen... (Nach Bruno Latours Akteur-Netzwerk-Theorie wirken auch andere Handlungsträger als "Ko-Akteure des Sozialen" wie etwa Räume, Sprache, Dinge, Bilder etc. [45]) verschmelzen miteinander zu einer prozessualen und temporären Dynamik. Dabei ist in konnektiven Anordnungen das Prinzip der Aktivität - wie bereits festgestellt - eine notwendige statt nur eine hinreichende Bedingung: Nur durch die Aktivität wird die digitale Existenz im Netzwerk bzw. das Netzwerk selbst konstituiert und medialisiert, aber auch verzehrt. Ich behaupte, dass mit dem Paradigmenwechsel u. a. ein konnektionistisches Grundprinzip abzuleiten ist, das von der Annahme der Existenz von Relationen zwischen heterogenen und über gewisse Aktivitätsgrade verfügenden Einzelelementen mit diversifikatorischen Physiognomien ausgeht. In Folge dieser zwischen den Elementen existierenden Beziehungen existieren Möglichkeiten der wechselseitigen Beeinflussung des Verhaltens der beteiligten Komponenten; Interaktionen, die jedoch auch unterbleiben oder abbrechen können und die aufgrund der jeweilig verschiedenen Aktivitätsgrade der interaktionsfähigen Komponenten unterschiedlich gewichtet sind und damit gerichtet aktivierend oder hemmend wirken. Wiederholte, rekursive Interaktionen stabilisieren sich in einem Prozess der Strukturbildung zu relativ festen, graduell zu differenzierenden Verbindungen, den sog. Konnektivitäten. [46] 3. Wechsel der Formen des Zusammenarbeitens (mit praktiziertem Wechsel) Vor diesem theoretischen Hintergrund nun ist im Folgenden der Versuch unternommen worden, Modelle der Zusammenarbeit zu untersuchen und zu systematisieren. Dabei möchte ich vorweg betonen, dass es sich bei der folgenden Übersicht um das Ergebnis eines praktizierten Wechsels der Produktionsbedingungen, der Subjektivierungspraktik und damit auch der Autorenschaft handelt: Die Aggregation von Katrine Damkjaer, Birte Kleine-Benne, MacBook und MacBook Pro, Mac OS X 10.4.11 und Mac OS X 10.5.8, Firefox und Safari, pbworks.com, häufig genutzte Suchmaschine Google stellt das im Folgenden theoretisierte Modell eines Konnektivs dar. 'Kollektive' bezeichnen eine Ansammlung einzelner Personen, die bevorzugt auf analogem Territorium miteinander interagieren (eine Nutzung der Potentiale der Informations- und Kommunikationstechnologien ist dabei keineswegs ausgeschlossen), im systemtheoretischen Sinne autopoietische Systeme in Abgrenzung zu ihrer Umwelt formieren, dabei zielgerichtet zu deren Ausdifferenzierung und damit zu deren Erhalt und Bestand beitragen. Diese Kennzeichen haben wir bereits als empirische Indizien für eine Theorie der Moderne ausmachen können. 'Konnektive' hingegen existieren zwingend in und mit technischen Umgebungen, beziehen demnach immer digitale Territorien ein und werden über instantane, polychrone und translokale Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien, der CMC (computer-mediated communication), entworfen und hergestellt. Teilnehmer, Informationen, Mitteilungen, soziale Beziehungen, Techniken, Technologien... verschmelzen miteinander zu einer prozessualen und temporären Dynamik.
4. Autorenwechsel Die vorangegangenen Ausführungen zur Konnektivform des Zusammenarbeitens in technischen Umgebungen deuten darauf hin, dass diese Prozesse vor dem Hintergrund des beschriebenen Paradigmenwechsels zu einer computerdominierten Kultur mit computervermittelten Kommunikation wesentlich die Produktion und Reproduktion von Autorenschaft beeinflussen (werden). Einzelaspekte der systematisierenden Übersicht lassen außerdem einschätzen, an welchen Stelle sich in Folge des Zusammenpralls der unterschiedlichen Kulturprogramme Probleme herausbilden werden. Vor diesem Hintergrund sei angemerkt, dass das deutsche Urheberrechtsgesetz (von 1965) [47] einen Autor noch immer als den alleinigen Schöpfer (§7) einmaliger künstlerischer, geschützter Werke (nach §2) definiert, deren Originalitätsstatus den Schutz durch das geistige Eigentumsrecht zusichert. Das kodifizierte Urheberrecht, auf Statik, Stabilität, Bestand und Erhalt ausgerichtet, sieht sich nun in der gegenwärtigen Kunst mit prozessualen, flüchtigen und ereignishaften Phänomenen sowohl auf "Werk"- als auch auf Produzentenebene konfrontiert. Treten hier unterschiedliche Temporalordnungen der dritten und der vierten Medienepoche in Widerstreit? Michel Foucault verweist in seinen Funktionsanalysen auf den Autor als den zentralen Angelpunkt für die Individualisierung in der Geistes-, Ideen- und Literaturgeschichte sowie in der Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, der bedeutender sei als jedes andere Ordnungsprinzip, wie etwa der Begriff, die Gattung oder der Typ. In seinem Vortrag 'Was ist ein Autor?' 1969 am Pariser Collège de France fragt Foucault in seiner diskursanalytischen Technik, die uns eine sog. Realitätsfalle erspart und den Untersuchungsrahmen gewinnbringend weitet und verschiebt: "Wie bestimmt sich in unserer Kultur ein Diskurs, der Träger der Funktion Autor ist?" [48]. Anders gefragt: Aufgrund welcher (historischer) Bedingungen wurde in unserer Kultur überhaupt ein Diskurs möglich, der den individualisierten Autor erscheinen und dominieren ließ, andere Formen hingegen ausschloss? (Die Soziologie spricht an dieser Stelle nüchtern von In- und Exklusionen als ordnende Leitdifferenz.) Und weiter: Wie hat sich der Autor überhaupt individualisieren können? Welcher Status wurde ihm zugewiesen? Seit wann wurden Authentizitätsuntersuchungen vorgenommen? Und seit wann wurde das Leben von Autoren statt das von Helden erzählt? "Kurz, es geht darum, dem Stoff (oder seinem Ersatz) seine Rolle ursprünglicher Begründung zu nehmen und ihn als variable und komplexe Funktion des Diskurses zu analysieren." [49] Statt Diskurse nach verwendeten Themen oder Begriffen historisch zu ordnen, schlägt Foucault vor, besser ihre Existenzweise, die Art der Verbreitung, der Wertung, der Zuschreibung, der Aneignung und zwar in der Funktion des Autoren und der historischen Veränderungen deren Form, Existenz und Komplexität zu untersuchen. Foucault nobilitiert mit diesem Vorschlag wie schon vor ihm Roland Barthes in seinem intertextuell ausgerichteten Plädoyer 'Der Tod des Autors' 1967 die Funktion Autor zu der herausragenden Größe für Untersuchungen zur (Diskurs-) Verfasstheit von Kulturen und damit auch unser Interesse an Autorenschaft zu einer primär zu diskutierenden Größe im Geflecht der Einzelaspekte des Kunstdiskurses, wenn nicht gar zur aussagekräftigsten Größe auch innerhalb der Debatte zu Paradigmenwechsel. "Ich glaube, dass, während sich unsere Gesellschaft ändert, in eben dem Moment, in dem sie dabei ist, sich zu ändern, die Autorfunktion verschwinden wird, und zwar in solch einer Weise, dass Fiktion und ihre polysemen Texte wiederum nach einem anderen Modus funktionieren werden, aber immer noch innerhalb eines Systems von Einschränkungen - eines, das nicht länger der Autor ist, sondern eines, das noch festgelegt werden muss oder vielleicht erfahren." [50] Anhand von vier Merkmalen macht Foucault einen Bruch im 18. Jahrhundert aus, denn seither existiere zwischen Autor und Text eine juristisch kodifizierte und an das Rechts- und Staatssystem gebunden Eigentumsbeziehung; gleichermaßen gelte seither für literarische Texte wie zuvor für wissenschaftliche Texte der für die Akzeptanz und den Wahrheitswert zwingende Autorenbezug, währenddessen vor dem 18. Jahrhundert das Verhältnis umgekehrt war. Das bedeutet, dass die Funktion Autor nicht einheitlich und gleichmäßig zu allen Zeiten und in allen Kulturformen einheitlich und gleichmäßig verlaufen sei. Die beiden weiteren Merkmale tragen kontextuell-organisatorischen und werkimmanenten Charakter: Ein Autor bilde sich erst durch Operationen und nicht spontan sowie durch Zeichen, die auf den Autor verweisen, wie etwa Personalpronomen, Adverbien der Zeit, Verbkonjugationen. Wenngleich auch die beiden letzten Merkmale je nach Epoche und Diskurstyp variieren, kann Foucault hierfür über die Epochen hinweg eine gewisse Unveränderlichkeit erkennen. Foucault fordert heraus, indem er die Funktion des Autors radikal verknappt: Es handele sich hier um eine ideologische Funktion, die "Vermehrung von Bedeutung" [51] zu beschränken. "Der Autor ist dasjenige, was der beunruhigenden Sprache der Fiktion ihre Einheiten, ihren Zusammenhang, ihre Einfügung in das Wirkliche gibt." [52] Es geht nicht darum, die Existenz eines schreibenden oder erfindenden Individuums zu leugnen. Vielmehr geht es darum, dass und wie sich die jeweilige Epoche in die Konstruktion des Autors und in dessen Werk (Was ist eigentlich ein Werk?), in das, wie und was er produziert und in das, wie und was er nicht produziert einschreibt. Foucault stellt in Aussicht: "Man kann sich eine Kultur vorstellen, in der Diskurse verbreitet oder rezipiert würden, ohne dass die Funktion Autor jemals erschiene." [53] Martha Woodmansee knüpft an Foucaults Forderung nach einer historischen Funktionsanalyse von Autorenschaft an und weist als Ergebnis ihrer literaturwissenschaftlichen und juristischen Forschungen an der Schnittstelle Autorenschaft und geistiges Eigentum 1992 darauf hin, dass der Autor in der modernen Gesellschaft eine nur zwischenzeitliche Episode der Schriftlichkeit war. Woodmansee beobachtet die Entstehung der modernen, individualistischen Eigentumskonzeption von Autorenschaft Mitte des 18. Jahrhunderts in England und Amerika und deren Konsequenzen: Noch etwa bis in die fünfziger Jahre des 18. Jahrhunderts war der Schriftsteller als einer unter zahlreichen anderen Handwerkern angesehen, die an der Produktion eines Buches beteiligt waren. Die Vorstellung, dass dem Autor im Produktionsprozess eine besondere Funktion zukommt, ist jüngeren Datums, und zwar handelt es sich hierbei um ein Nebenprodukt der literaturromantischen Vorstellung, das bedeutende Schriftsteller einen Bruch mit der Tradition zu vollziehen haben, um etwas Einzigartiges, Originales, Einmaliges zu schaffen. Galt bis dahin - und dies kann auch für die bildende Kunst veranschlagt werden - das Prinzip der Ableitung, war als modernes Kennzeichen das der Abweichung zu registrieren. Auch Woodmansee weist mittels einer Schöpfer-Werk-Beziehung darauf hin, dass ein Produkt kreativen Schaffens nur dann einen Rechtsschutz beanspruchen kann, wenn es auf die geistige Tätigkeit eines Einzelindividuums zurück geführt werden kann. Auf der Grundlage der Rechtsordnung [54], die noch immer beharrlich auf der romantischen Konzeption des Autoren gründet, hätte das Modell des alleinigen Schöpfers nachhaltig an Einfluss gewonnen und zu Lasten anderer Praktiken den Diskurs dominiert. Woodmansee fordert dringend den Dialog zwischen den Literaturwissenschaften und der Rechtsprechung (momentan ist allerdings eher eine Erhöhung des strafrechtlichen Drucks gegenüber illegalen Nutzungsformen statt eine Reformulierung des Gesetzestextes zu beobachten). Denn angesichts der kollektiven Schreibprozesse in der Industrie, in der Politik, in den Natur- und Sozialwissenschaften (nur in den Geisteswissenschaften und in den Künsten - hierzu später mehr - hält das Dogma des singulären und individuellen Produktionsaktes) und angesichts der multiplen Verfasserschaften, die sich durch den Einsatz der elektronischen Technologie beschleunigten, wäre die Illusion, Schreiben sei ein singulärer und originärer Prozess, nicht länger haltbar. Der Computer (und ich ergänze: seine Derivate wie auch die hieran angeschlossenen sozialen Austauschprozesse im Internet) lösen jene Konturen auf, die für das Überleben der Fiktion eines modernen Autors als alleinigem Schöpfer essentiell wären. [55] Hypertexte würden, so auch Rifkin, eines der zentralen Grundmuster des Bewusstseins unterminieren, das eng mit dem Druck zusammenhänge, nämlich die Idee des individuellen Autoren, der seine Schöpfungen als geistiges Eigentum besäße. Diese traditionelle Vorstellung von Autorenschaft würde durch Hypertexte verwischt, da das Medium auf Inklusivität und Verbundenheit statt auf Exklusivität und Autonomie beruhe [56]. Mit Foucault und Woodmansee heißt dies, dass Diskursmechanismen in Abhängigkeit der herrschenden Macht- Wissens- und Wahrheitsverhältnisse das Modell der singulären Autorenschaft dominieren ließen, dieses sich demnach als Resultat von Ausblendungsverfahren nichthegemonialer Sinnmuster seit dem 18. Jahrhundert durchgesetzt hat. Barthes schreibt von einer tyrannischen Beschränkung der Literatur durch unsere Kultur, von einer ungebrochenen Vorherrschaft des Autors, der noch immer die Literaturgeschichte und das Selbstverständnis der Literaten bestimme. [57] Erforderlich sind daher sowohl kunsthistorische Untersuchungen anderer Sinnmuster (siehe später im Text) als auch Untersuchungen der für die Ausblendungen verantwortlichen Machtverhältnisse: So ist die von Foucault und Woodmansee gesetzte historische Zäsur (Barthes setzt sie mit dem Ende des Mittelalters und der Entdeckung/Erfindung des Individuums) vereinbar mit der verstärkten und verstärkenden Ausdifferenzierung der linear verfassten Rationalität (McLuhan), wie sie im Kunstsystem und dessen zugehörigem Betriebssystem seit Mitte des 18. Jahrhunderts zu beobachten ist; seit dem nämlich kein anderes Funktionssystem für Kunst zuständig ist [58], kein anderes Funktionssystem weiss bzw. das Recht hat zu wissen, was Kunst ist [59]. [60] Wie Woodmansee in ihren literaturwissenschaftlich-juristischen Untersuchungen feststellt, dass der singuläre Autor vom Urheberrecht, also von der juristisch kodifizierten Form, seit dem 18. Jahrhundert umrissen, geschärft, gestützt und herausgeragt wurde, obwohl sogar der Begriff des Autors die Produktionsformen nur unzureichend reflektierte, kann für die Kunstgeschichte und die Kunsttheorie eine vergleichbare "Komplizenschaft" beobachtet werden: In Verflechtung und Verwobenheit mit dem Betriebssystem des White Cubes, dessen Gefüge von Strukturen, Prozessen und Regeln eine numerisch einheitliche, essentiell vollständige, teleologisch organisierte und ontisch perfekte Kunst organisierte, entwickelte sich unter diesen Bedingungen ein reduktionistisches Methodeninstrumentarium mit erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Problemen. Unser eigentliches Erbe sei, so Wolfgang Kemp, eine "ganze Wertelehre" [61], die sich in den praktizierten Grenzziehungen einer Kunsttheorie und Kunstgeschichte zeige, die ihren Erkenntnisgewinn mittels der Operationen der reversiblen sowie der irreversiblen Aufhebung von Kontexten generiert und diesen von Beginn an strukturell mit der zerstörenden Einwirkung in jene Kontexte verbindet [62]. Hier agiere "eine Haltung, mehr noch eine Praxis, mit tief greifenden Folgen für die Untersuchungsobjekte". [63] Sichtbar, weil benennbar, begründbar, quellenbelegbar und theoretisch anschlussfähig, wurde, so das Resultat für unseren Untersuchungsgegenstand, einzig der singuläre Autor; nicht weniger existent waren andere, z. B. gemeinschaftliche Produktionsformen. Und so vermute ich zunächst, dass der Wechsel in die nächste Gesellschaft den singulären Autor (wenngleich unter veränderten Vorzeichen) nicht ab- bzw. auflösen wird. Mit dieser Einschätzung befinde ich mich wissentlich im Kontrast zu Foucaults Behauptung, dass die Autorfunktion in eben jenem Moment verschwinden würde, während sich unsere Gesellschaft veränderte. Könnte, wie schon vorgeschlagen, die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen statt der (von Luhmann vorgeschlagenen) Leitdifferenz von Inklusion und Exklusion als eine für die nächste Kultur spezifische Dimension gelten? Quasi als die Performierung und Prozeduralisierung des konnektionistisches Grundprinzips: Vernetzung statt Ausschluss? Wäre dann Foucaults Formulierung besser abzuschwächen, dass die Autorfunktion in eben jenem Moment sich wandele, während sich unsere Gesellschaft veränderte. Zweifelsohne wird noch heute das Erbe der Tradition über ihre Institutionalisierungen in Formen der Lehre an den Kunstakademien, des Urheberrechtsgesetzes, des (wenn auch brüchigen) Finanz(ierungs)modells des Kunstmarktes, der Systematisierungsformen in Ausstellungen und Katalogen, der Anträgen für Stipendien, Preisauslobungen, Stellenausschreibungen, Auffindbarkeiten in Indizes von Bibliotheken etc. in Wert gesetzt. Und noch immer bevorzugt der Kunstbetrieb mit seinen Strukturen, Prozessen und Regeln ebenso wie dessen Kunst den exakt zu definierenden, zu katalogisierenden, ausstellbaren, vorzeigbaren und inventarisierbaren Künstler [64], der in den Einzelkünsten Musik, Literatur, Darstellende und Bildende Kunst unterschiedlich re-/produziert wird und daher auch differenzierte Untersuchungen erfordert. Die Dominanz dieses Modells, das nachhaltig an Einfluss gewonnen hat und bestimmte Produktionspraktiken auf Kosten anderer favorisierte, das in Wechselwirkungen mit den epocheprägenden Ordnungssystemen, Rechtsformulierungen und Methodeninstrumentarien stand/steht, gilt es, auch mittels Themen, Textformen, Lehrangebote, Lernformate, Produktionstechniken etc. in Form einer Institutional Critique aufzubrechen. Denn ich erinnere: Kunst ist, was das Kulturprogramm definiert und lässt sich erst "dadurch und danach" durch jedes einzelne Kunstwerk in einer Geltung und Gültigkeit bestätigen. Daher stehen auch wir ForscherInnen in der Hausforderung, die Definitionsprozesse des bzw. der Kulturprogramme zu analysieren und auch nicht hegemoniale Formen des Kunstbetriebs mittels thematischer, methodologischer und terminologischer Entwicklungsarbeit sichtbar zu machen. Denn der Sonder- und Ausnahmestatus, wie ihn Lazzarato für die scheinbare Unabhängigkeit der Kunst und Kultur von Politik und Wirtschaft feststellte, hat sich bis in die Kunsttheorie, bis in ihre Methodik, ihre Terminologie und ihre Themen niedergeschlagen. "Recapture the debate and bring it back to our home ground", fordert Medosch mit einem Hinweis darauf, dass die Debatten um die Urheberschaft an anderen Stellen als unter den Autoren, nämlich zwischen Rechtsanwälten und Extremisten der Copyleft-/Copyright-Verfechter geführt würden. Statt Autorenschaft als ein Konzept der Vergangenheit zu denunzieren, müsse die Debatte zurück erobert werden. [65] Wir antworten Medosch mit der Initiativfunktion dieser Ausführungen für verschiedene Folgeprojekte und Texte, Illustrationen und MindMaps, Interviews und Interviewtranskriptionen. [66] Neben einer diskursanalytisch gestützten Forschung plädiere ich demnach epistemologisch für eine radikal konstruktivistische Ausrichtung, indem zwischen der Beschreibung des Systems und dem realen System nicht unterschieden bzw. auf die Unterscheidung von Beschreibung und System verzichtet wird. Die Dekonstruktion der Unterscheidung führt zu der non-dualistischen Annahme, dass eine jede (!) Beschreibung das System zwingend fortsetzt. Und so eröffnet ein Blick auf empirische Hinweise die folgende Perspektive: In der künstlerischen Produktion der letzten Jahrhunderte sind, wenngleich das Modell der singulären Autorenschaft dominiert(e), durchgängig Gruppenformen zu registrieren, beispielsweise das Schreib- oder Musikmilieu des Mittelalters (Neurobiologen "entdeckten" übrigens bei aktuellen Gehirnuntersuchungen von Gitarrenduos synchrone Hirnströme, besonders am Anfang eines Musikstücks.), die Werkstätten, Ateliers der Renaissance, Malschulen oder Künstlerkolonien etwa in Barbizon, Auvers-sur-Oise, Pont-Aven, Berlin, Darmstadt, Drispeth, Dötlingen, Kronberg, Nidden, Dachau, Worpswede, Goppeln, Murnau... "Überall winken sich Künstler zu: ein Blick, ein Händedruck genügt, um sich zu verstehen", romantisierte Franz Marc 1912 angesichts der Künstlerzusammenschlüsse vor dem Ersten Weltkrieg. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts dann manifestierte die Konstruktivistische Internationale: "Zur Durchführung der Aufgaben des heutigen Lebens reicht die Initiative des Einzelnen nicht mehr aus. Kollektive Zusammenarbeit ist praktisch notwendig (moderne Organisationsmethoden). Durch Organisierung der schöpferischen Tätigkeit werden reale Aufgaben für alle ermöglicht (Erweiterung des schöpferischen Arbeitsfeldes) und die Arbeitskraft des einzelnen gesteigert." [67] Diese Beispiele und weitere wie etwa die Nazarener, die Sezession, die Fauvisten, die Brücke, der Deutsche Werkbund, die Futuristen, die Blauen Reiter, die Dadaisten, De Stijl, das Bauhaus, die Surrealisten, die Blauen Vier, später dann die Lettristen, COBRA, Quadriga, die Gruppe 53, ZERO, Spur, Wir, Geflecht, die Situationisten, Gutai, Fluxus... belegen, dass Gemeinschaftsproduktionen in der Kunst, die sich als und in Gruppen formierten oder Gruppenbezeichnungen strategisch einsetzten, bereits vor dem Wechsel in die vierte Medienepoche existierten. Allerdings genügt ein flüchtiger Blick, die Unterschiede zu erkennen: Die genannten Gruppenbezeichnungen lösten nur selten die Individualität des Einzelschöpfers und dessen klare Grenzziehungen zu Gunsten eines Gemeinschaftssubjekts, geschweige denn einer Gemeinschaftsarbeit auf. Für eine systemisch ausgerichtete Analyse von Gruppensubjekten und den operativen Schließmechanismen können neben einer grundlegenden Untersuchung z. B. des Anfangsimpulses, der programmatischen Aussagen, der personellen Konstellation, des Altersaufbaus, des Wachstums, der Finanzen, des Interaktionsfeldes, der Außenverhältnisse, der Spannungen und Auflösungstendenzen intern und extern [68] folgende Leitfragen die Kooperationsmodi klären: - Wurden die Grundannahmen, Werte, Normen, Denkhaltungen etc. reflektiert und in entsprechende Strukturen transferiert? - Wie offen, partizipativ, kollektiv, transparent findet nach dem Prozess der Gründung der weitere Prozess der Entwicklung und Veränderung statt? - Welche Verabredungen wurden getroffen und wie transparent, nachvollziehbar und verbindlich sind sie als Orientierung im Handeln? - Sind die Kooperationsstrukturen stabil und zuverlässig, so dass intern wie auch extern Vertrauen entstehen kann? - Wie werden Konfliktpotenziale aufgefangen? - Werden unerwartete Ereignisse reflektiert? - Werden die Ergebnisse von Diskussionen rückgekoppelt? - Welche (ritualisierten) Foren existieren zur Reflexion der Zusammenarbeit, zum Wissens- und Erfahrungsaustausch, zur Vertrauensbildung und zur Konfliktbearbeitung? "...der Geniekultur ist glücklicherweise am Abserbeln. Die Vorstellung vom Künstler, der ganz aus sich heraus arbeitet, ist ein Witz. Künstlerische Produkte sind oft Gruppenarbeiten...", beobachtet Pipilotti Rist 1999 und fasst damit eine Tendenz im Kunst- und Kulturbetrieb zusammen, die sich in den neunziger Jahren durch die künstlerische Arbeit beispielsweise von Atelier van Lieshout, Clandestine Insurgent Rebel Clown Army (CIRCA) [69], Critical Art Ensemble, Dunst [70], etoy, GeheimRat, Guerilla Girls, Irwin, Luther Blissett, monochrom, Neue Slowenische Kunst, Old Boys Network, Park Fiction, Raqs Media Collective, RTMark, Rimini Protokoll [71], RTMark, Superflex, Wochenklausur, Wu-Tang Clan und anderen bis in die heutige Zeit verstärkt hat [72]. Die vorangegangenen Ergebnisse der Systematisierung verschiedener Arbeitsweisen belegen, dass in der gegenwärtigen Kunst die tragenden Kunst-Begriffe wie Künstler, Kunstwerk, Rezipient und Bedeutung maßgeblich außer Kraft gesetzt sind: (1) Neben auratischen Werkobjekten und symbolischen Repräsentationen sind seither offene und dynamische, mit Anschlussfähigkeit ausgestattete und auf Operativität ausgerichtete Handlungsfelder, eine n-dimensionierte "Arena des Handelns" (Weibel) zu beobachten: ROM-art (read only material) und RAM-art (radical active material). (2) Das Künstlersubjekt verabschiedet sich seither von seiner einzig singulär verfassten Autoren- und Urheberschaft und tritt auch im Verbund mit anderen Autoren, in multiplen und pluralen Autorenschaften auf. (3) Der idealtypische, auf (s)ein Auge reduzierte Rezipiententypus (O'Doherty) wird seither als involvierter Teilnehmer, Akteur und Mitschöpfer, als (inter-) aktiver Nutzer, Forscher oder Explorierender beansprucht: ROMs (read only members) und RAMs (radical active members). (4) Darüber hinaus wird das Modell des geschlossenen White Cubes seither mit synergetischen Konvergenzformaten und nichtlinearen Praxismodellen erweitert. [73] Zum Formbildungsprozess im Allgemeinen ist zunächst festzuhalten, dass in Anwendung des abstrakten und generalisierten Medienkonzepts Luhmanns, Fuchs' und Baeckers, nach dem es sich bei Medien um Mengen lose gekoppelter Elemente handelt, die sich zu Formen als Mengen rigide gekoppelter Elemente verdichten können, die ihrerseits wiederum zum Medium für neue Formbildungen werden bzw. sich selbst wieder de-formieren und zu Medien verflüssigen können, wir seither bewegte Formbildungsprozesse wie auch Trans-, Re- und De-Formationen beobachten können. Währenddessen sich bis dahin neben den anderen gen. Ausdifferenzierungen des Kunstsystems der singuläre und individuelle Einzelautor als beobachtbare Form zu verdichten schien, ist seit Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre sowohl in der Theorie als auch in der Kunstproduktion und deren selbstreferentiellen Auseinandersetzungen mit dem White Cube eine Umkehrung von Form und Medium rsp. Text und Kontext zu beobachten ("context becomes content" [74]). Dieser Prozess fand mit und in der Netzkunst (dabei ist unbedingt zwischen Netzkunst und Kunst im Netz zu unterscheiden) Ende der neunziger Jahre, Anfang des ersten Jahrzehnts seinen vorläufigen Höhepunkt, denn die Ununterscheidbarkeit von Text und Kontext qua Medium führte hier zu deren Gleichsetzung. Die Formen der Sozialisierung, der Produktion, des Produkts wie auch der Autorenschaft werden sich unter den neuen Modalitäten ändern, nach McLuhan würde die Logik des jeweils vorherrschenden Mediums als Infrastruktur unserer (in diesem Fall sozialen, rechtlichen und ästhetischen) Sinnproduktionen wirksam sein. Mir scheint allerdings auch, dass die medialen Theorien dringend um netztheoretische Kontextanalysen erweitert werden müssen, zeichnet sich doch vor dem Hintergrund der Netzkonditionen ein veränderter Kontextbegriff ab, der nicht mehr an die Kontextspezifität und einem relativ stabilen Kontiguitätsverhältnis anbindet, sondern ebenfalls der n-dimensionalen Netzlogik unterworfen einer sofortigen Veränderbarkeit ausgesetzt ist. Können wir uns wirklich wie Foucault "eine Kultur vorstellen, in der Diskurse verbreitet oder rezipiert würden, ohne dass die Funktion Autor jemals erschiene"? Würde allein eine Schwierigkeit, diesen Gedanken zu fassen, von einer immer-noch Verhaftung im alten Kulturprogramm zeugen? Schauen wir uns die gegenwärtigen Formbildungsprozesse im Besonderen näher an, ist festzustellen, dass das singuläre Künstlermodell (Autor) zu Aggregationen menschlicher und technischer Akteure transformiert, die mittels Sammelbegriffe (siehe oben) gelabelt werden, hinter denen die Beteiligten zurücktreten und/oder sich mittels Aliase vervielfältigt. Autorenschaften sind hier nicht mehr zuordbar oder sie treten (noch) in geteilten Formen auf. Diese Aggregationen autopoietischer Elemente repräsentieren sich über selbstautorisierte, selbstbestimmte und selbstorganisierte (und damit auch i.S. Foucaults und Deleuzes Kontrollgesellschaft nicht weniger selbstdisziplinierte und -kontrollierte) Projekt- und/oder Prozessbeziehungen und auch diese Formulierung ist unpräzise, da sie sich vielmehr über Projekt- und/oder Prozessbeziehungen aggregieren, aktivieren, erzeugen, medialisieren, akkumulieren und dem Repräsentationsdiskurs von Kunst entweichen. Diese operativ offenen Verdichtungen sind nicht an personelle Formationen gebunden, sondern im Vergleich zu Kollektiven austauschbar, uneinheitlich, fluid, temporär, verteilt in verschiedenen Konstellationen, die sich je nach Thema unter Einbindung unterschiedlicher Techniken und Technologien aktivieren und je nach Kompetenzen zusammenstellen, manchmal begrenzt, manchmal unbegrenzt, manchmal lokal, manchmal global. In der Folge lassen sich vielfältige Bezeichnungen, Konstellationen und Konfigurationen beobachten, daher entstehen in den konnektiven Aggregationen zum Teil auch synchron uneinheitliche Erfahrungen, wie auch die Folgekonsequenzen uneinheitlich ausfallen: Wiederholungen stehen in Abhängigkeit von dem praktizierten Respekt. Hergestellt werden ebenso temporäre, prozessuale und dynamische Ergebnisse (work-in-progress), die von den Beteiligten nur teilweise zu beeinflussen und nur teilweise intendiert sind/sein können, da sie in Rückkopplungsprozessen permanent neue Ergebnisse produzieren und damit ihre Transformationen stets mit/in/bei sich tragen. Diese transitorischen (vorübergehend flüchtigen), transitiven (die Systeme durchquerenden) und transversalen (quer zu den Systemen verlaufenden) Ergebnisse sind ebenso wenig mit dem Werkkonzept des Urheberrechts vereinbar wie die konnektiven Aggregation (im Austausch mit dem Künstlergenie). In der Konsequenz transformieren also sowohl die Einzelbestandteile der Werk-Urheber-Verbindung als auch die Relation selbst (die insbesondere nach dem kontinentaleuropäischen Urheberrecht im Gegensatz zur Rechteübertragungsmöglichkeit an einen Verwerter im angloamerikanischen Copyright untrennbar ist) zu einer (sicher sehr zur Freude von Deleuze/Guattari) im Netzwerk generierten, temporären Kopplung auf der Grundlage netzwerkbasierter Dispositive mit zum Teil unbeeinflussbaren Bedeutungsproduktionen. Und so scheinen in der künstlerischen Praxis in der Form des konnektiven Produzierens, des prozessgeleiteten Arbeitens in selbstorganisierten Projekten mit dysfunktionalen Regelwerken, gestützt von transversalen, sich permanent ändernden (Online-) Plattformen, selbst schon neue Ordnungen nicht nur in Gang gesetzt, sondern längst schon praktiziert. Die eindeutige Zuordnung von Werk und Urheber, die Verfügungen rechtlich verbriefte, ist abgebrochen oder wurde durch neue Formen der Kunstpraxis (neben den noch klassisch praktizierten Formen, die in Wirksamkeit der Tradition nach wie vor durch Ausstellungen, Verkäufe, Monografien, Künstlermuseen oder Starkünstlerkult neu bestärkt werden) ausgetauscht. Da das heutige Finanzierungsmodel nicht trägt [75] (obwohl die Musikindustrie nicht müde wird zu betonen, dass ihre Aktivitäten im Dienst der Künstler stünden), leben heutige Kunstproduzenten in der Hoffnung auf neue, innovative Aus- und Verwertungsmodelle oder sind wenige über Einzelausstellungen, Preise und Professuren in das Kunstsystem eingebunden oder emigrieren viele (temporär) in nachbarschaftliche Kreativbereiche, in denen die neuen Infrastrukturen bereits praktiziert werden. Autorenschaften zeigen sich als ein Gewebe produzierender, reproduzierender und rezipierender Dimensionen. Dabei scheint der Literatur- und Musikbetrieb noch stärker das Autorenmodell zu praktizieren, obwohl ihr System ungleich ausdifferenzierter als das der Bildenden Kunst ist. [76] Und auch hier ist eine Neudefinition vorzunehmen, spreche ich doch zuvor von künstlerischen Praktiken, die nicht mehr in Einzelkünste zu klassifizieren sind, sondern die auf alles und jedes Material in digitaler und zugänglicher Form zugreifen und sich evtl. in einer Gattung der Medienkunst theoretisieren ließen, sofern auf die gängige Definition von Medienkunst (der definitiven Anwesenheit von Technologien) verzichtet würde. Hier zeigt sich ein Gewebe von Medien, Materialien, Autorenschaften, Techniken, Strategien und Bezügen, ein Kontinuum des Produzierens, Schreibens, Komponierens, Performierens, Lesens, Rezipierens..., für das u. a. auch das konnektionistische Grundprinzip zum Tragen kommt, welches in Folgeuntersuchungen weiter ausdifferenziert werden soll. Ein nur kurzer Exkurs in den Literaturbetrieb und dessen Produktionen ist in der Lage, dessen kompetitives Feld (Bourdieu) anzureißen: Bietet ein multimedialer Verbund des schnellen, flüchtigen, dynamischen Netzes mit dem dauerhaften und begrenzten Buch, wie etwa Rainald Goetz mit 'Abfall für alle. Roman eines Jahres' kreierte, ein prozessuales Modell wechselseitiger Produktivität mit Durchlässigkeiten in verschiedene Richtungen? Auch hier funktioniert das singuläre Autorenmodell für den Zusammenhalt, wenngleich dessen alltäglicher Konstruktionsprozess des Lebens und Schreibens synchron (1998 bis 1999) zu begleiten war. Oder handelt es sich hierbei um einen zwischenzeitlichen Kompromiss, der die Organisationskennzeichen beider Kulturprogramme, der Buchdruck- und der Computergesellschaft trägt und sich allenfalls als Hinweis eignet, dass wir uns in einer Übergangsphase befinden? Für unseren Forschungsgegenstand wäre daher weniger das von Goetz gewählte Format als vielmehr der Inhalt, nämlich die selbstreferentielle Verhandlung der eigenen Diskursverfasstheit in produzierter und rezipierter Echtzeit als Ergebnis des Blogformats von Interesse. Auf inhaltlicher Ebene scheint das Internet als (Netz-) Wirklichkeiten die Wahrnehmungen und den Schreibstil von "Autoren" zunehmend zu prägen. Auf Produktionsebene werden, so ist zu beobachten, hypertextuelle Verflüssigungen durch den unendlichen Prozess des Schreibens, Lesens, Kommentierens, Anmerkens, Modifizierens bereits unkompliziert praktiziert (der Begriff des Urhebers scheint hier wie auch die Idee der Genieästhetik oder die Vorstellung von geistigem Eigentum zur Absurdität geführt zu werden), auf Produzentenebene allerdings bemerkenswert restriktiv behandelt, so dass durchaus von einem Zusammenprall der Kulturprogramme, und zwar zwischen den Verfechtern des Urheberrechts und seinen Reformierern die Rede sein kann: Helene Hegemanns Montageästhetik in 'Axolotl Roadkill' (2010), mittels Copy & Paste-Technik Passagen z. B. aus dem Blog von Airen oder einem Song der Band Archive ohne Zitatkennzeichnung zu verwenden und damit ein Textgewebe von Fremdtexten zu erstellen (dieses klassisch moderne Verfahren wurde von literarischen Vorläufern wie Bertolt Brecht, Georg Büchner, Thomas Mann oder Paul Celan jenseits des digitaler Kontextes anerkannt praktiziert), rief Empörung im Literaturbetrieb hervor und führte zu der reaktionär anmutenden 'Leipziger Erklärung zum Schutz des geistigen Eigentums' (2010) weniger privilegierte, sog. Literaturstars. In der 2. Auflage nun sind die Zitate den kanonischen Gepflogenheiten entsprechend gekennzeichnet. Dazu: "Eigentumsfragen sind Machtfragen. Nirgends werden diese Fragen lauter und provozierender gestellt als im Internet: Durch die Digitalisierung geistiger Werke und den schnellen Austausch von Daten und Informationen werden starre Verfügungsrechte aufgelöst." [77] Die Musikindustrie, dessen Geschäftsmodell durch die Digitalisierung musikalischer Inhalte und dem Peer-to-Peer-Filesharing aus den Fugen gerät, die unzähligen musikalischen Mashups als Form des experimentellen Umgangs mit dem Urheberrecht sowie Netzplattformen wie YouTube, die die Originalitäts- und Autorendebatte folgenreich stören, seien an dieser Stelle als Ausblick nur erwähnt. Ursächlich für die Dynamisierung und Verstärkung der Gemeinschaftstendenzen seit Ende des 20. Jahrhunderts, die sich bis in die veränderte Organisation der Kunstformen einschreiben ("[...] the next form of shared authorship far away from the naive illusion of the genius artist. [...] The organizational sculpture must evolve." etoy.ZAI, 20.6.2009. Auch dieses Thema wird von mir an anderer Stelle untersucht.), ist m. E. auch eines der bereits von mir benannten Grundprinzipien des neuen Zeitalters, das konnektionistische Grundprinzip. Soziale, ästhetische und kognitive Phänomene stehen in eindeutigem Zusammenhang mit den Konnektivitäten. Und so prognostiziere ich, dass mit fortgesetzter Aus-/Prägung der neuen Epoche sich veränderte Formen der Verarbeitung von Sinn, Institutionen (wie Creative Commons, Free Software Foundation oder Wikimedia Foundation), Theorien (wie Wissenstheorien), Ideologien (wie vielleicht der Zwang zum Anschluss oder das missverstandene "Open-Everything"-Paradigma), Probleme (wie Urheberrechtsstreitigkeiten, Verlängerung von Schutzfristen, Frankreichs Netzsperrengesetz Loi Hadopi, Markt- und Machtdispute) [78], Infrastrukturen (durch Social Software, Tauschbörsen oder Upload-Plattformen), Auswahl (durch Routinen), Speicherung und Gedächtnis [79] (wie Wikipedia und Wikileaks [80]) bilden, herausbilden und ausdifferenzieren werden. Wir werden beobachten können, wie sich nach Foucault die Diskursordnung auf der Grundlage des Medienwechsels ändern wird, wie sich neue Zuordnungen und Ordnungssysteme und eben auch neue Formen der Produktion von Kunst herausbilden werden, so dass der singuläre Autor nicht als der einzig mögliche und einzig existente erscheint. [81] Nach Peter Kruse gibt es allein pragmatische Gründe, gemeinschaftlich kollektive Intelligenzen [82] (eine der momentan sicher eindrucksvollsten ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia) einzugehen: Für die aktuellen, hochkomplexen Herausforderungen würden uns die Lösungsmittel fehlen, daher müssten wir die Kollektivintelligenz "hochziehen". Kruse fordert, sich auf Netzwerkbildungen einzulassen, hierbei handele es sich nicht um eine Frage der Technologien, sondern der Kultur. Niemand hätte in Netzwerken die alleinige Macht über die Informationen, es gebe daher keine kontrollierte Dynamik (top-down) und damit auch keine vorhersagbaren Wirkungen. Kollektive Intelligenz bedeute Kulturveränderung. Und kollektive Produktion bedeute, über die Grenzen der Verarbeitung hinauszugehen, die Kulturleistungen auf eine nächste Entwicklungsebene zu heben und in der Intelligenz des Wir nach Lösungen zu suchen. [83] Kann kollektive Intelligenz demnach als ein Indikator für bereits stattfindende oder für dringend erforderliche Kulturwechsel gelten? Oder zeigt sich kollektive Intelligenz als Ort der kulturellen Neuverhandlung und somit als Motor kulturellen Upgradings? Oder handelt es sich bei kollektiver Intelligenz um ein Transformationswerkzeug? Für die Wikipedia ist m. E. anzumerken, dass der Gewinn zwar auch auf der Ebene der Wissensgenerierung, zuvorderst aber auf der Sozialisierungsebene sowie auf der Ebene der Produktionsformen stattfindet. Die Informations- und Kommunikationstechnologien würden, so Thomas W. Malone vom MIT Centre for Collective Intelligence, die schon immer existierende kollektive Intelligenz auf neue Art und Weise organisieren, koordinieren und damit nutzbar machen können: "With new information technologies - especially the Internet - it is now possible to harness the intelligence of huge numbers of people, connected in very different ways and on a much larger scale than has ever been possible before." [82] Auch hier stehen Theorien zum Zusammenhang neuer technologischer Möglichkeiten und kollektiver (konnektiver) Intelligenz aus. Auch ich behaupte, dass die aktuell sich ändernden Kontextbedingungen in Form von Netzkulturen und Netzwirklichkeiten ihren Wirkungsbereich entfalten und in Folge eines veränderten Bedingungsgefüges sich Fragen nach Kunstproduktionen und dem Kunstsystem, nach Autorenschaft, Rezeption, Präsentation, Distribution und Institutionalisierung aufdrängen. Historische und kunsthistorische, wissenschafts- und medientheoretische Forschungen werden weiterhin, und zwar bevorzugt in interdisziplinären Kopplungen und methodologischen Kompetenzerweiterungen, die vorgestellten Wechsel und mit ihnen die Turns des 20. Jahrhunderts theoretisieren und historisieren müssen. Außerdem werden sie grundsätzlich die Idee des Wechsels auf ihren Gehalt prüfen müssen, ob als "Pursuit of Change", einem gegenwärtigen Begehren nach Veränderung, oder als Niederschlag des medialen Wechsels im Sinne McLuhans bzw. als schon neue Temporalordnung von Prozessualität und Ereignishaftigkeit. [1] Bei Kapitel 1 und 2 dieses Textes handelt es sich um die kontextuelle Einführung in mein Seminar "Working Together. Kollektive Kunstproduktion" im Sommersemester 2009 an der Universität der Künste Berlin, http://bkb.eyes2k.net/udk09.html, sowie in meinen Workshop "On Tour: Orte Gemeinschaftlicher Kunstproduktion" im Rahmen der Sommerakademie der UdK im Juli 2009 in Berlin, http://bkb.eyes2k.net/udk09/sommerakademie.html, die auf Wunsch von mir hier zusammengefasst und verschriftlicht wurden. Kapitel 3 wie auch weitere Texte sind Folgen der Initiativwirkung dieser thematischen Ein- und Ausführungen. [2] Lazzarato, Maurizio 1999: Europäische Kulturtradition und neue Formen der Produktion und der Zirkulation des Wissens, http://www.episteme.de/htmls/Lazzarato.html. [3] von Becker, Peter, 31.5.2009: In der Dämmerung des Gutenberg-Zeitalters, http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Internet-Zeitungskrise;art141,2811078. [4] Medosch, Armin 2008: Paid in Full: Copyrights, piracy and the real currency of cultural production, http://www.thenextlayer.org/node/428#footnote1_ql5815u. [5] Baecker, Dirk 2007: Studien zu einer nächsten Gesellschaft, Frankfurt/Main, S. 7. [6] Von der ersten Stufe des konkreten Erlebens (Vierdimensionalität) zur zweiten Stufe des Herstellens und Benutzens von Gegenständen (Dreidimensionalität) zur dritten Stufe der traditionellen Bilder (Zweidimensionalität) zur vierten Stufe der Erfindung der linearen Schrift (Eindimensionalität) zur fünften Stufe der Erfindung der technischen Bilder (Nulldimensionalität), der Stufe des Kalkulierens und Komputierens. Vgl. Flusser, Vilém 1998: Kommunikologie, Frankfurt/Main. [7] Baecker 2007, a.a.O., S. 8. [8] Becker 2007, S. 8 nach Peter F. Drucker. [9] Faßler, Manfred 2001: Netzwerke. Einführung in die Netzstrukturen, Netzkulturen und verteilte Gesellschaftlichkeit, München, S. 296. [10] Schmidt, Siegfried J. 1999: Kunst als Konstruktion: Konstruktivistische Beobachtungen, in: Weber, Stefan (Hg.), Was konstruiert Kunst?, Wien, S. 37. [11] Schmidt 1999, a.a.O., S. 37f. [12] Schmidt 1999, a.a.O., S. 24ff. [13] McLuhan, Marshall 1995: Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des Buchzeitalters, Bonn u. a., S. 41. [14] McLuhan, Marshall 1968: Die magischen Kanäle, Düsseldorf und Wien. [15] McLuhan 1968, a.a.O., S. 19. [16] Baecker, Dirk 2002: Wozu Systeme, Berlin, S. 12. [17] Weber, Stefan 1999: "Die Welt als Medienpoiesis. Basistheorien für den 'Medial Turn', in: Medienjournal, 1/1999, S. 3. [18] McLuhan 1968, a.a.O., S. 45. [19] In dieser Hinsicht erweisen sich Guy Debords Untersuchungen in seiner 'Gesellschaft des Spektakels' (1967) zu den Auswirkungen des Kapitalismus auf die Welt als Ware wichtiger und aktueller denn je. [20] Rifkin, Jeremy 2000: Access. Das Verschwinden des Eigentums, Frankfurt/Main, S. 274ff. [21] Rifkin 2007, a.a.O., S. 277. [22] Deleuze, Gilles/Guattari, Félix 1977: Rhizom, Berlin, S. 35. [23] Deleuze/Guattari 1977, a.a.O., S. 28. [24] Deleuze/Guattari 1977, a.a.O., S. 12. [25] Deleuze/Guattari 1977, a.a.O., S. 34. [26] Deleuze/Guattari 1977, a.a.O., S. 26. [27] Hardt/Negri verweisen darauf selbst in den Fußnoten ihres Vorworts. Hardt, Michael/Negri, Antonio 2002: Empire. Die neue Weltordnung, Frankfurt/Main, S. 421. [28] Hardt, Michael/Negri, Antonio 2004: Multitude, Frankfurt/New York, S. 123. [29] Hardt/Negri 2002, a.a.O., S. 320ff. [30] Abschließend für diesen ausschnitthaften Einblick in unterschiedlich konzipierte Paradigmenwechsel erwähne ich meine Forschungen zum aktuellen Kulturumbau in Zeiten von Medien- und Cyberpoiesis, vor dem Hintergrund veränderter technischer Umgebungen, von Komplexitätserhöhungen und Nichtlinearitäten anhand künstlerischer Handlungsfelder. Vgl. Kleine-Benne, Birte 2006: Kunst als Handlungsfeld, Berlin. [31] "Kollektive Intelligenz ist eine überall verteilte, aufgewertete, in Echtzeit koordinierte und mobilisierte Intelligenz." Lévy, Pierre 1995: Die kollektive Intelligenz. Eine Anthropologie des Cyberspace, Mannheim, S. 32. [32] "Virtuelle Gemeinschaften sind soziale Zusammenschlüsse, die dann im Netz entstehen, wenn genug Leute diese öffentlichen Diskussionen lange genug führen und dabei ihre Gefühle einbringen, so dass im Cyberspace ein Geflecht persönlicher Beziehungen entsteht." Rheingold, Howard 1994: Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers, Bonn u. a., S. 16. [33] Zur Präzision dieser Begriffe vgl. meine Folgeausführungen. [34] Hardt/Negri 2002, a.a.O., S. 312. [35] Virno, Paul 2002: Grammatik der Multitude, Berlin, S. 76. [36] Hardt/Negri 2002, a.a.O., S. 222. [37] Derrida, Jacques 1993: Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaft vom Menschen, in: Engelmann, Peter (Hg.): Postmoderne und Dekonstruktion. Texte französischer Philosophen der Gegenwart, Stuttgart, S. 118. [38] Hardt/Negri 2002, a.a.O., S. 198. [39] Hardt/Negri 2002, a.a.O., S. 218. [40] Hardt/Negri 2004, a.a.O., S. 99. [41] Rifkin 2000, a.a.O., S. 250f. [42] Weber, Stefan 2001: Medien - Systeme - Netze. Elemente einer Theorie der Cyber-Netzwerke, Bielefeld, S. 38f. [43] Weber 2001, a.a.O., S. 54. [44] Weber 2001, a.a.O., S. 70f. [45] Vgl. Latour, Bruno 2007: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie, Frankfurt/Main (eng. 2005). [46] Vgl. u. a. Weber 2001. [47] Vgl. http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/urhg/gesamt.pdf. [48] Foucault, Michel 2000: Was ist ein Autor?, in: Texte zur Theorie der Autorschaft, hg. von Fotis Jannidis u. a., Suttgart, S. 211. [49] Foucault 2000, a.a.O., S. 227. [50] Foucault 2000, a.a.O., S. 229. [51] Foucault 2000, a.a.O., S. 228. [52] Foucault, Michel 1991: Die Ordnung des Diskurs, Frankfurt/Main, S. 21. [53] Foucault 2000, a.a.O., S. 227. [54] Sowohl das angloamerikanische Copyright als auch die kontinentaleuropäische Version der Autorenrechte fanden innerhalb dieser Entwicklungsgeschichte ihre Form. Die Rechtsbildung zog sich geografisch von England (Statute of Anne, 1710) über Frankreich (1791 und 1793) nach Nord-Amerika (1795), in Preußen kam es 1837 zu einem entsprechenden Schutz. [55] Woodmansee, Martha, Der Autor-Effekt. Zur Wiederherstellung von Kollektivität (1992), in: Texte zur Theorie der Autorschaft, hg. von Fotis Jannidis u. a., Stuttgart 2000, S. 298-314. [56] Rifkin 2000, a.a.O., S. 278. [57] Barthes, Roland 2000: Der Tod des Autors, in: Texte zur Theorie der Autorschaft, hg. von Fotis Jannidis u. a., Suttgart, S. 186. [58] Luhmann, Niklas 1994: Die Ausdifferenzierung des Kunstsystems, Wabern-Bern, S. 21. [59] Krieger, David J. 1997: Kommunikationssystem Kunst, Wien, S. 19. [60] Ich nenne nur einige Beispiele dieses herausragenden Jahrhunderts: die Begründung der Ästhetik als eigenständige Disziplin durch Alexander Gottlieb Baumgartens 'Meditationes' 1735, der Beginn der Museumsgründungen 1759 mit dem British Museum in London, die Begründung der Archäologie und Kunstgeschichte mit Winckelmanns Studien zur 'Geschichte der Kunst des Altertums' 1764 sowie dessen Begründung der Kunstkritik mit seiner 'Abhandlung von den Fähigkeiten der Empfindung des Schönen in der Kunst...' von 1763, die Begründung der Berufsautorenschaft mit Herder, Goethe, Schiller, Hegel, Schelling... (Auch in diese Informationsanhäufung schleicht sich das Ordnungsprinzip des singulären Schöpfers ein.) [61] Kemp, Wolfgang 1991: Kontexte. Für eine Kunstgeschichte der Komplexität, in: Texte zur Kunst, 1. Jg./Nr. 2, S. 92. [62] Zum Gründungsakt der Kunstgeschichte, der bereits mit der eingreifenden zerstörenden Einwirkung in die Kontexte verbunden ist, vgl. Kemp 1991, a.a.O., S. 90. [63] Kemp 1991, a.a.O., S. 90. [64] Zu Besonderheiten und Risiken gemeinschaftlicher Kunstproduktion auf dem Kunstmarkt vgl. das Gesprächsprotokoll mit dem Galeristen Boris Abel am 28.7.2009: "Kollektive lassen sich nicht so schnell umblasen." [65] Vgl. Medosch 2008, a.a.O. [66] Diese Texte sind online zu finden unter http://workingtogether.eyes2k.net. [67] Rötzer, Florian 1991: "Von der Utopie einer kollektiven Kunst", in: Kunstforum Int., Bd, 116, Nov./Dez., S. 72. [68] Darüber hinaus empfehle ich die MindMap von Martyna Starosta und Markues zur Systematisierung selbstorganisierter Gruppen (2009), vgl. http://workingtogether.eyes2k.net. [69] Zu Clandestine Insurgent Rebel Clown Army (Berlin) vgl. das Gesprächsprotokoll mit Leutnant Brot, Panzergranate Zora Rosa und Oberleutnant Betty Fox am 28.7.2009: "Es kann auch ein Platzverweis erteilt werden. Dann darf man nicht platzen!", vgl. http://workingtogether.eyes2k.net. [70] Vielen Dank an Miss Fish, http://missfish.net, für die Vorstellung von Dunst, http://www.dunst.dk, am 27.6.2009 im Rahmen meines Seminars an der Berliner UdK. [71] Zu Rimini Protokoll vgl. das Gesprächsprotokoll mit Sebastian Brünger vom 28.7.2009: "Wir haben den schrecklich ewigen Willen, uns auszutauschen und zu reden!", vgl. http://workingtogether.eyes2k.net. [72] Für weitere Beispiele verweise ich exemplarisch auf Kube Ventura, Holger 2002: Politische Kunst Begriffe in den 1990er Jahren im deutschsprachigen Raum, Wien und auf Babias, Marius/Könneke, Achim (Hg.) 1998: Die Kunst des Öffentlichen, Amsterdam/Dresden. [73] Vgl. Kleine-Benne 2006, a.a.O. [74] O'Doherty, Brian 1996: In der weißen Zelle. Inside the White Cube, hg. von Kemp, Wolfgang, Berlin, S. 10. [75] Zu dem Jahresdurchschnittseinkommen von Künstlern und Kulturschaffenden in Höhe von EUR 11.000,- vgl. u. a. den Schlussbericht der Enquete-Kommission Kultur in Deutschland, 2007, http://dip.bundestag.de/btd/16/070/1607000.pdf. [76] Vgl. den Reader Copy.Right.Now!, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit iRights.info unter http://www.boell.de/downloads/2010-04-copy_right_now_zukunft_urheberecht.pdf. [77] Spielkamp, Matthias 2010: Copy.Right.Now! Plädoyers für ein zukunftstaugliches Urheberrecht, http://carta.info/25506/copy-right-now-plaedoyers-fuer-ein-zukunftstaugliches-urheberrecht. [78] Becker 2007, a.a.O., S. 8 nach Peter F. Drucker. [79] Faßler 2001, a.a.O., S. 296. [80] Zur künstlerbasierten Organisation und Webplattform Wooloo vgl. das Gesprächsprotokoll mit Judith Plodeck am 29.7.2009: "Wooloo heißt in der Sprache der Aborigines: Wenn 2 Flüsse zusammen kommen...", vgl. http://workingtogether.eyes2k.net. [81] Zu den Chancen gemeinschaftlicher Arbeit vgl. das Gesprächsprotokoll mit den ifau-Architekten Christoph Heinemann und Christoph Schmidt am 29.7.2009: "Gruppen sind extrem effizient, wenn sie aufeinander abgestimmt sind. Verglichen damit ist das Modell des Star-Architekten sehr labil und eigentlich ein Auslaufmodell.", vgl. http://workingtogether.eyes2k.net. [82] "The working definition of collective intelligence that we're using is that collective intelligence is groups of individuals doing things collectively that seem intelligent." Thomas W. Malone, MIT Centre for Collective Intelligence, 2006, http://cci.mit.edu/about/MaloneLaunchRemarks.html. [83] Aus einem Interview Peter Kruses am 15.01.2009 mit DNAdigital, http://www.nextpractice.de/unternehmen/prof-dr-peter-kruse/zur-person/video-statements/#dnadigital. [84] http://cci.mit.edu/about/MaloneLaunchRemarks.html. Weitere Literaturempfehlungen Barabási, Albert-László 2003: Linked: How Everything is Connected to Everything Else, A Plume Book. Bell, David / Kennedy, Barbara M. 2000: The Cybercultures Reader, Routledge, London/New York. Bolter, Jay David / Grusin, Richard 1999: Remediation: Understandig New Media, The MIT Press. Broeckmann, Andreas 2002: Konnektive entwerfen! Minoritäre Medien und vernetzte Kunstpraxis, in: Münker, Stefan/Roesler, Alexander (Hg.): Praxis Internet. Kulturtechniken der vernetzten Welt, Frankfurt/Main, S. 232-248. Bruns, Axel 2008: Blogs, Wikipedia, Second Life, and Beyond. From Production to Produsage, Peter Lang Publishing, New York. Keen, Andrew 2007: The Cult of the Amateur: How Today's Internet is Killing Our Culture, Doubleday. Leadbeater, Charles 2008: We-think: Mass innovation, not mass production, Profile Books, London. Lessig, Lawrence 2000: Code and Other Laws of Cyberspace, New York. http://www.code-is-law.org. 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Be a News-Jockey: http://www.news-jockey.com Rhizome: http://rhizome.org ShiftSpace, mix, annotate, shift, share, any website, anywhere: http://shiftspace.org Web Dream, collaborative online exhibition: http://www.annualgeneralmeeting.net/2008/webdream.html We Make Money Not Art: http://we-make-money-not-art.com Wooloo Productions: http://wooloo.org On Social Media Swarm Theory: The Genius of Swarms by Peter Miller, July 2007: http://ngm.nationalgeographic.com/2007/07/swarms/miller-text Danah Boyd's Weblog: http://www.zephoria.org/thoughts Jyri Engström's Weblog: http://www.zengestrom.com Rebecca Blood's Weblog: http://www.rebeccablood.net Tom Coates' Weblog: http://plasticbag.org Clay Shirky's Webblog: http://shirky.com/weblog Axel Bruns' Produsage.org, From Production to Producage: Research into User-Led Content Creation: http://produsage.org Letztmaliger Zugriff auf alle Internet-Quellen: 20.04.2010 Peer-Review der Kollektivübersicht (Kapitel 3): Dipl. Päd. 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